Jean-Claude Kolly erhielt den «Stephan Jaeggi»-Preis am 14. November 2025 in Freiburg anlässlich eines Konzerts der Concordia. «Unisono» hat mit ihm über seine Emotionen als Preisträger, seine Karriere und seine Perspektiven gesprochen.
Zunächst ein Gefühl des Stolzes. Ich erinnerte mich sofort daran, dass Oscar Moret, einer meiner Lehrer, diese Auszeichnung ebenfalls erhalten hatte. Er hatte mir gesagt, dass es nun an jungen Menschen wie mir liege, seine Arbeit fortzusetzen.

Natürlich die Anerkennung für mein Engagement als Dirigent, aber auch als Lehrer. Ich habe das Glück, einen Beruf auszuüben, der meine Leidenschaft ist. Das Engagement fällt mir daher etwas «leichter», aber es bedeutet dennoch, dass ich viele Prioritäten setzen muss.
Ich habe zwar einige Werke geschrieben, fühle mich aber nicht als Komponist. Ich habe keine «leichte Feder» und habe schon lange nichts mehr komponiert. Aber ich vermisse es nicht. Hingegen habe ich das Gefühl, dass ich für das Dirigieren und Lehren geschaffen bin. Um Dirigieren zu lehren, muss man mit gutem Beispiel vorangehen. Die Ausbildung eines Studenten kann vier bis sieben Jahre dauern. Ich glaube, dass man in seiner Laufbahn einen bleibenden Eindruck hinterlässt. Bei einem Orchester hängt dieser Eindruck von der Dauer der Zusammenarbeit ab. Aber die gemeinsam erlebten Emotionen sind zahlreicher und stärker. Und noch spannender ist der Weg, auf dem wir gemeinsam wachsen. Um die Frage zu beantworten: Meine Orchester haben mir genauso viel gegeben, wie ich ihnen gegeben habe. Der Weg, den ich mit meinen beiden Blasorchestern zurückgelegt habe, wird mir für immer in Erinnerung bleiben.

Mit 18 Jahren begann ich meine Karriere als Dirigent beim Kirchenchor «Lè Tsèrdzionolè» Treyvaux (FR). Während meiner Zeit im Militär sammelte ich Erfahrungen als Dirigent einer Harmonie, die eine grosse musikalische Präsenz erforderte. Dort beschloss ich, das Dirigieren zu meinem Beruf zu machen. Anschliessend übernahm ich die Leitung der Gérinia de Marly, mit der ich eine erfolgreiche Musikschule und ein Blasorchester gründete, das ein bemerkenswertes Niveau erreichte. Parallel dazu gab es eine «Brassband-Phase», in der ich acht Jahre die Brass Band Freiburg und drei Jahre die Brass Band Lignières leitete. Diese Erfahrung ermöglichte es mir, meine Ausbildung zu vervollständigen und vor allem die Mechanismen dieser faszinierenden Szene zu verstehen. Danach leitete ich die Harmonie Vevey und natürlich die Konkordia Freiburg, aber auch für einige Konzerte das Harmonieorchester Freiburg, die Harmonie Shostakovich, Orpheon, die Bläserphilharmonie Aargau, das Harmonieorchester der italienischen Schweiz, das Nationale Jugendblasorchester und zuletzt das Symphonische Blasorchester Schweizer Armeespiel.
Schwierige Frage … ich habe viele schöne Erinnerungen. Marlys Interpretation der «Sinfonie für Blasorchester» von Jean Balissat in Interlaken 1996 ist eine davon: eine fantastische Darbietung und herzliche Worte des Komponisten nach dem Wettbewerb. Mit der Konkordia gibt es zahlreiche Beispiele. Aber ich erinnere mich an die Anwesenheit von Oliver Waespi bei einer Probe. Ohne unsere Sichtweise des Werks auszutauschen waren wir uns einig. Das ist eines der grössten Komplimente in unserem Beruf. Was die schlimmste Erinnerung angeht, nehme ich einen Joker [lacht].
Ein Dirigent muss auch wissen, wann es Zeit ist, den Taktstock weiterzugeben. Er analysiert die Situation und wählt den richtigen Moment. Ich habe mich entschlossen, meinen Platz zu räumen, als das Orchester in Bestform war, und ich glaube, dass ich die richtige Entscheidung getroffen habe.
Das stimmt. Im Juli 2026 werde ich meine Tätigkeit als Dozent an der HeMU und am Konservatorium Freiburg aufgeben. Aber ich bin und bleibe weiterhin begeistert und engagiert.
Ich hätte mich auch für die Gérinia de Marly oder die Brass Band Freiburg entscheiden können. Mit Marly habe ich länger zusammengearbeitet, aber die Concordia war mein letztes Orchester. Es hat mir so viel gegeben, dass die Entscheidung klar war.

Natürlich die Worte, die an mich gerichtet waren. Auf Vorschlag des Dirigenten erklärte ich mich bereit, die erste Zugabe des Konzerts zu dirigieren, die «Sérénade» von Stephan Jaeggi. Ich sah in den Augen der Musiker, dass sie überrascht waren - sie wussten nichts davon - und sich freuten, erneut unter meiner Leitung zu spielen. Würden Sie mir glauben, wenn ich Ihnen sage, dass ein solcher Moment Freudentränen auslösen kann?

Ich habe gemischte Gefühle. Zunächst positive. Ich kann mich nur über die Fortschritte freuen, die bei der Ausbildung von Musikern, Dirigenten und Komponisten erzielt wurden. Das Repertoire hat sich stark weiterentwickelt und die Darbietungen sind von besserer Qualität. Leider habe ich einige Befürchtungen für die Vereine, die den Nachwuchs und die Ausbildung junger Menschen vernachlässigen. Sie müssen aufwachen, bevor es zu spät ist.
Projekte sind das tägliche Brot eines Musikers. Engagements als Gastdirigent, Musikberater, Dozent für Meisterklassen und Juryexperte stehen auf dem Programm. Aber ich werde mir auch Zeit nehmen, das Leben ruhiger anzugehen.
Musik ist eine wunderbare Kunst. Widmen Sie ihr weiterhin Zeit und Leidenschaft.
Der Stephan Jaeggi-Preis wird an Persönlichkeiten verliehen, die sich durch herausragende Leistungen als Komponisten, Arrangeure oder Interpreten oder durch ihr Gesamtwerk und ihr Engagement für die Schweizer Blasmusik verdient gemacht haben.