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«Traditionen sind wie Fallschirme»

«Traditionen sind wie Fallschirme»
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Neues SBV-Ehrenmitglied Oberst Philipp Wagner

Die Delegiertenversammlung des Schweizer Blasmusikverbands hat Philipp Wagner zum SBV-Ehrenmitglied ernannt. Grund genug, um ihn zum Interview zu treffen, bevor er Ende Oktober seine Berufskarriere bei der Militärmusik beenden wird.

Herzliche Gratulation zur Ehrenmitgliedschaft Philipp Wagner. Wie fühlt sie sich an?

Sehr gut. Es bedeutet mir wirklich sehr viel, weil es nicht selbstverständlich ist. Es war meine 103. DV auf schweizerischer oder kantonaler Ebene, die ich besuchen durfte, seit ich im November 2012 Kommandant wurde. Wenn alles klappt, werden diesen Oktober noch zwei weitere zu meiner «Abschiedstournee» hinzukommen - meine letzte DV zufälligerweise in meinem Verband, dem Musikverband beider Basel.

Philipp Wagner mit SBV-Ehrenmitgliedschafts-Wappenscheibe
Neues SBV-Ehrenmitglied Oberst Philipp Wagner

Ende kommenden Oktober wirst du als Berufsoffizier der Militärmusik aus dem Dienst ausscheiden. Ist es für dich eher ein Abtreten müssen oder dürfen?

Ich werde ganz klar mit einem weinenden und einem lachenden Auge abtreten. Mein Job war super - abwechslungsreich und herausfordernd zugleich. Als Kommandant bist du nicht nur verantwortlich für die Organisation und Leitung der Militärmusikaktivitäten in der Schweizer Armee, sondern auch die Kontaktperson zum zivilen Blasmusikwesen - das ist in dieser Art vermutlich besonders. Aber allein kannst du nichts machen, dahinter steht immer ein Team. Dank einem konstruktiv wie fachlich tollen Team und immer wieder neuen Ideen konnten wir die musikalischen Ausbildungen und Aktivitäten innerhalb der Armee massgeblich beeinflussen und weiterentwickeln. Das lachende Auge, weil ich mich auf diesen nächsten, sicher spannenden Lebensabschnitt - bei hoffentlich guter Gesundheit - freue.

Philipp Wagner übernimmt die Kommando-Fahne
Am 1. November 2012 übernimmt Philipp Wagner das Kommando des Kompetenzzentrums Militärmusik.

Vielen wird Oberst Philipp Wagner vor allem als Brückenbauer zwischen der Militär- und der zivilen Blasmusik in Erinnerung bleiben. Warum hast du diese Zusammenarbeit so gezielt gefördert?

Die eingangs erwähnten DV-Besuche, meistens an Wochenenden, waren nie verlorene Zeit - so konnte ich die Kontakte zu den kantonalen und schweizerischen Musikverbänden pflegen und verstärken. Denn egal ob zivile oder militärische Blasmusik, wir haben dieselben Herausforderungen: Es ist keine Selbstverständlichkeit mehr, genügend Nachwuchs zu finden. Umso wichtiger sind der Austausch und die Kooperation zwischen den Verbänden, damit sie gute Rahmenbedingungen für ihre Vereine schaffen können. Die Blasmusik mit ihrer langen Tradition ist absolut gesellschaftsrelevant. Aber: Traditionen sind wie Fallschirme - wenn sie sich nicht öffnen, stürzen sie ab!

Philipp Wagner bei einem Speak auf der Bühne
Philipp Wagner in Kontakt mit der Zivilbevölkerung - hier auf Sommertournee mit der Militärmusik, Liestal 2015

In den letzten Jahren haben die Militärmusik und der SBV verstärkt zusammengearbeitet.

Richtig. Seit 2012 hat sich unsere Zusammenarbeit weiter intensiviert und vertieft. Ab 2016 hatte ich auch Einsitz in verschiedenen Arbeitsgruppen des SBV, in denen ein regelmässiger Austausch stattfand. Im Bereich der Militärmusik haben wir zusammen Projekte wie beispielsweise die vordienstliche Vorbereitung auf unsere Fachprüfung, die Zertifizierung unserer Ausbildung durch den SBV oder den Solo-Wettbewerb «Prix Musique» realisiert und in nachhaltige Formate überführt.

Was hat dich angetrieben, dich für die SOLO-Finals einzusetzen?

An einer Mitgliederratssitzung 2008 informierte die Verbandsleitung, dass Möbel Pfister als Hauptsponsor des Prix Möbel Pfister, wie er damals noch hiess, abgesprungen sei. Ich schlug vor, den nationalen Nachwuchs- und Talentförderungswettbewerb zukünftig mit dem Armeespiel durchzuführen und den Solo-Auftritt im Rahmen eines Militärspielkonzerts zu ermöglichen. So konnten wir die Zusammenarbeit und Nachwuchsförderung mit dem Prix Musique verbinden, den heutigen SOLO-Finals.

In deiner Position als «Herr über sämtliche Militärmusikorchester der Schweizer Armee» hast du die musikalischen Ausbildungen innerhalb der Armee massgeblich beeinflusst. Was waren die wichtigsten Veränderungen?

Gemeinsam mit dem Instruktionsteam, das bis heute und schon vor meiner Zeit immer wieder Inputs aus dem zivilen Blasmusikleben einbrachte, haben wir die musikalischen Ausbildungen und Aktivitäten der Armee modernisiert - z. B. die Musiktheorie bereits in die Fachprüfung eingebunden und dabei konsequent das Ziel verfolgt, unsere Ausbildung auf Augenhöhe mit der zivilen Blasmusik zu bringen. Dass uns dies gelungen ist, zeigt die breite Akzeptanz der Fachprüfung. . Oder die Kaderausbildung: Auch da können wir von den Stärken der Miliz profitieren und lassen in einigen Bereichen unsere Kader von Fachspezialisten im Rahmen derer Dienstpflicht aus- und weiterbilden.

Philipp Wagner beim Dirigieren
Galakonzert des Symphonischen Blasorchesters Schweizer Armeespiel am Europäischen Militärmusik Festival vom 9.10.2009.

Auch musikalisch hast du durchaus Spuren hinterlassen.

Als Milizspielführer dirigierte ich das Basler Regimentsspiel Inf Rgt 22. Das war aufgrund der vielen Berufsmusiker spannend und auf hohem Niveau. Von 2002 bis 2013 durfte ich meine Dirigiertätigkeit als musikalischer Leiter und Dirigent des Symphonischen Blasorchesters Schweizer Armeespiel krönen. Zudem war ich auch immer Dirigent bei zivilen Orchestern - u.a. 29 Jahre lang, bis 2018, bei der Stadtmusik Basel. Aus Enthusiasmus habe ich zudem zusammen mit meinem Studienfreund Bruno Martin das Blasorchester Basel-Land gegründet, mit dem wir erfolgreich internationale Wettbewerbe bestritten.

Wie sieht deine musikalische Zukunft nach der Pensionierung aus?

Ich startete 2023 als Dirigent des Fusionsprojekts der Stadtharmonie und Stadtmusik Laufen. Seit 1. Januar 2025 bin ich Dirigent der Stadtmusik Harmonie Laufen. Weiter möchte ich bei Rhy Bläch weiterhin aktiv Trompete und Flügelhorn spielen. Wir sind eine 7er-Besetzung mit sechs Blechbläsern und einem Schlagzeuger.

Und was hast du sonst für Pläne?

Mich anleiten lassen, wie man richtig archiviert. Weil mich die Blasmusikgeschichte interessiert, möchte ich die geschichtliche Dokumentation der fachlich-blasmusikalischen Archivierung der Militärmusik strukturieren und übersichtlich gestalten, um sie in der Bibliothek am Guisanplatz, der Leitbibliothek von Bundesverwaltung und Armee, der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Dies ist für mich eine Herzensangelegenheit, die meinem Alltag zusätzlich eine Struktur geben wird [lacht].

Philipp Wagner bei der Beförderung eines Militaristen mit Schweizer Fahne dazwischen
Beförderungen am 14. Juni 2024

Ein Wort an deinen Nachfolger Oberstlt Aldo Werlen?

Ich weiss, dass auch Aldo diese wertvolle Kooperation mit dem SBV weiterführen und ausbauen wird. Und ich freue mich wirklich von Herzen, dass er die Militärmusik weiter in die Zukunft führen darf. Die Herausforderungen werden nicht kleiner werden, die Arbeit geht weiter und Aldo wird und muss neue Wege gehen. Ich bin überzeugt, dass er der richtige Mann ist, um diese Herausforderungen anzunehmen. Und es freut mich, dass wiederum ein Blasmusikant Chef der Militärmusik wird. Auf die zivile und militärische Blasmusik!

Philipp Wagners beruflich-musikalische Karriere

  • Ausbildung am Konservatorium Basel als Blasorchesterdirigent bei Felix Hauswirth, Abschluss 1989
  • Lehrdiplom für Trompete am Konservatorium Lausanne bei Roger Delmotte, Abschluss 1990
  • Seit 1995 als Militärmusikoffizier im Berufskorps der Schweizer Armee
  • Seit 1. November 2012 Kommandant des Kompetenzzentrums Militärmusik und des Schweizer Armeespiels
  • 2012: Stephan-Jaeggi-Preis (war angesichts seines jungen Alters extrem überraschend)